Alaska Marine Highway und Fazit


In der Zwischenzeit bin ich in Seattle angekommen und bereite mich auf die Reise nach Japan vor. Bevor ich aber ein Fazit ziehe, hier noch etwas zur Reise von Whittier (Alaska) nach Seattle (Washington)

Whittier – Bellingham – Seattle
Nach dem wunderbaren Nachmittag mit Carl und Henry draussen auf dem Meer, verbrachte ich eine eher kühle Nacht auf dem Boot von Carl. Am Morgen regnete es wieder einmal in Strömen. Wahrscheinlich wollte mir Alaska den Abschied etwas einfacher machen. Nach dem Mittagessen in einem Chinesischen Restaurant (ich wagte es wieder einmal) ging es im Regen Richtung Fährterminal. Da ich dort erstmal draussen warten musste, war ich innert kürze tropfnass und meine Stimmung entsprechend. Schlussendlich durfte ich doch noch auf die Fähre und stellte dort im „Wintergarten“ mein Zelt auf. Leider war es auf der M/V Kennicott nicht möglich das Zelt auf dem obersten Deck im freien aufzustellen. Das Zelterlebnis war daher etwas änderst als auf der Fahrt Richtung Norden. Im Regen ging die Fahrt los Richtung Norden. Eigentlich wäre der Prince William Sound sehenswert aber bei dem Wetter sah man so ziemlich gar nichts.

Die nächsten fast drei Tage verbrachten wir im Regen und dazu gesellte sich auch noch ein Sturm. Das Boot schaukelte ziemlich stark, was nicht allen gut bekam. Bei mir hielt sich die Übelkeit zum Glück in Grenzen. Die Wellen waren zum Teil so hoch, dass die Gischt bis an die Frontscheiben im oberen Teil des Schiffes schlugen. Ein ziemliches Spektakel. Spätestens zu dem Zeitpunkt war ich froh, dass mein Zelt nicht auf dem Oberdeck stand… Von der Landschaft sah man herzlich wenig, aber ich hatte dafür Zeit meine Pendenzenliste etwas abzuarbeiten :-). So sind nun fast alle der Blogeinträge auch in Englisch verfügbar und ich habe wenigstens eine minimale Ahnung, auf was ich mich da in Japan einlasse. Die Fahrt ging von Whittier über Yakutat nach Juneau und weiter nach Ketchikan. Spätestens ab dort war das Wetter wieder ziemlich gut und man sah auch wieder etwas, unter anderem vereinzelte Wale. Richtig schön wurde es dann entlang von Vancouver Island. Dort hatten wir mehrfach das Glück springende (breaching) Buckelwale zu sehen. Einer von ihnen sprang direkt vor dem Schiff in die Höhe und danach noch einmal auf der Seite. Ein unglaubliches Erlebnis! Mein Zeltnachbar hat den Sommer in Juneau mit dem Beobachten von Walen verbracht und meinte, dass die Wale so schauen wollen, was den hier genau los ist. Die Wale beobachteten uns und wir sie :-).

Am nächsten Morgen erreichten wir schliesslich Bellingham und von dort nahm ich den Zug nach Seattle. Ursprünglich wollte ich den Zug schon am Tag zuvor nehmen aber Amtrak hatte kurzfristig entschieden eine andere Zugskomposition zu nehmen bei welcher man keine Velos mitnehmen kann. Ich hätte deshalb in Bellingham übernachten müssen. Da sich aber ja die Fähre verspätete, passte es am Schluss wieder… Hier gilt also das Gleiche wie in Südamerika: ja nicht zu eng planen. Ansonsten könnte es ungemütlich werden…

Das war es also mit Velo fahren in Nordamerika. Über alles gesehen war es eine gute bis sehr gute Zeit, mit Tiefs aber auch sehr vielen Hochs. Hier ein paar Details. Fangen wir mit dem Negativen an, damit wir mit dem Positiven aufhören können ;-).

Negativ:
Der Tiefpunkt war natürlich, als Ines und ich beide kurz vor Yosemite krank wurden. Das brauchte unglaublich viel Energie und war frustrierend. Das Positive war aber auch, dass wir auf’s Verständnis und Mitgefühl der dortigen Campingplatz Betreiber zählen durften.

Der andere Hauptnegativpunkt war für mich der Verkehr. Speziell im südlichen Teil der Strecke hatte es viel Verkehr und viele (speziell die RVs, SUVs und Lastwagen) fuhren zum Teil sehr rücksichtslos. Ich weiss nicht, ob es Absicht war oder einfach Unfähigkeit, aber ich war mehrfach froh mit dem Leben davon gekommen zu sein. Und in praktisch allen Fällen wäre die gefährliche Situation durch die FahrerInnen vermeidbar gewesen. Wir hatten auch einige solche Situationen in Alaska, obwohl auf den Strassen im Allgemeinen genug Platz gewesen wäre. Aber einigen Fahrern scheinen Velofahrer ein Dorn im Auge zu sein und wir sollten am Besten von der Strasse verschwinden (was uns einige auch mit Handzeichen wissen liessen…).

Positiv:
Das Positive waren die Menschen hier. Sie waren im Allgemeinen aufgeschlossen und sehr hilfsbereit und halfen uns, wenn wir Unterstützung brauchten. Speziell (aber nicht abschliessend) bedanken möchte ich mich da bei Sarah und David in Los Angeles, Lionel und Chris in Pismo Beach, Eric in Seattle, Margot und Olaf in Penticton, dem unbekannten Autofahrer und der unbekannten Velofahrerin kurz nach Fairbanks, dem unbekannten Camper, welcher uns die Polarlichter zeigte und Carl und Henry in Whittier. Thank you very much to all of you! Sehr schön waren auch die Begegnungen mit den verschiedenen TourenfahrerInnen ind anderen Reisenden unterwegs. Happy traveling to all of you!

Positiv war natürlich auch die Landschaft und die vielen Tiere, die wir gesehen haben. Speziell gefiel mir da Big Sur, Yosemite, Yellowstone, Mt St Helens und Rainier, der Norden von Vancouver Island, der Haines Highway, der Denali National Park, die Kenai Halbinsel und die Fahrt auf dem Alaska Marine Highway. Und nicht zu vergessen natürlich die Polarlichter, die für mich etwas ganz Spezielles waren. Davon hätte ich gerne noch mehr gesehen. Positiv ist natürlich auch, dass wir es geschafft haben. Ich habe nicht wirklich daran gezweifelt, da ich in der Zwischenzeit weiss, dass es meist eine Willensfrage ist (ausser man hat gesundheitliche Probleme). Aber schlussendlich ist es schon schön zu wissen, dass man in gut fünf Monaten mehr als 6’000 Kilometer fahren kann (was mich im Übrigen im Total zu fast 8’000 Kilometer bringt 🙂 ). Und in diesem Zusammenhang ist es auch sehr positiv, dass wir so gut wie keine Pannen hatten. Wir mussten beide nie ein Loch im Pneu flicken! Gutes Material zahlt sich halt doch aus. Mit ein Grund war aber sicher auch, dass die Strassen hier im Allgemeinen gut bis sehr gut waren. Schotterpisten hatten wir nur sehr wenige. Dafür hatte es relativ viel Glas, Pneureste und anderen Abfall auf der Strasse. Aufgefallen sind uns da speziell Rahmbläser-Patronen (evtl. von autofahrenden Süchtigen…) und Babywindeln. Speziell die Windeln fanden wir ziemlich daneben…

Fazit:
Wenn Ihr mich nun fragt, ob ich es wieder machen würde, dann wäre meine Antwort wohl ja, aber nicht mit dem Velo. Nicht dass das Velofahren schlecht war: überhaupt nicht. Ansonsten würde ich wohl nicht noch in Japan weiter fahren wollen. Ich habe aber gemerkt, dass es hier auf den Strassen nur beschränkt Platz hat für Velofahrer und VelofahrerInnen und Zelter sind hier irgendwie auch ein Fremdkörper. 99% der Leute sind mit einem Auto bwz. einen SUV oder sogar einem riesigen RV (Wohnmobil)  unterwegs. Man kommt sich da als Tourenfahrer schon manchmal als Randständiger vor…  Und ich würde es speziell nicht mit Kindern mit dem Velo machen wollen. Dass wäre mich persönlich viel zu gefährlich. Jedenfalls nicht entlang der Küste. Und ja, falls Ihr selbst mal mit dem Auto oder so unterwegs seid, dann haltet doch bitte beim Überholen von Velofahrern etwas Abstand und verlangsamt das Fahrzeug. Wenn Ihr nett sein wollt, dann dürft Ihr TourenfahrerInnen auch gerne mal ein kühles Bier oder ein heisses Kaffee/Schokolade schenken. Die würden sich sicher freuen ;-).

Das ist es für den Moment von meiner Seite. Vielen Dank Euch allen für’s Lesen und kommentieren in den letzten Monaten. Ich habe mich immer sehr gefreut von Euch zu hören. Meine Reise geht in Japan weiter und ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn Ihr mich weiterhin begleiten würdet. Mein Plan ist von Tokyo nach Süden zu fahren. Tipps sind weiterhin herzlich willkommen! Der nächste Blogeintrag gibt es aus Japan oder von unterwegs dorthin :-). Kurze Updates gibt es wie immer oben rechts.

Viele Grüsse aus Seattle,

Stefan

PS: Bilder zu Whittier – Seattle gibt es in der Galerie. Verpasst nicht die Bilder vom springenden Wal!


Über Stefan

I'm a telecommunication engineer by profession and like to discover the world by bike. I think, that it is the perfect speed to move but still be in touch with the world and the people which live there. And I'm very happy, that my wife Susanna is joining me now on those adventures. If you are interested in other journeys we did so far, please also check my website www.biketravel.net. Stefan, Switzerland

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