Nicht so nasse Westküste


Baustelle an der Westküste nach den Stürmen im Dezember und JanuarDie Südinsel ist schon fast Vergangenheit (für den Moment jedenfalls) und ich bin bald auf dem Weg zu einem neuen Abenteuer, bevor Neuseeland Teil zwei folgend wird. Aber mehr dazu später. Zuerst mal ein Rückblick über die letzten paar Wochen. Die brachten auch wieder ein paar hundert Kilometer Fahrstrecke und einige Abenteuer.

Rückenwind und Adrenalin: Te Anau – Wanaka
Nachdem Heinz und ich gemeinsam in Te Anau angekommen waren, fuhren wir getrennt wieder ab. Wir waren doch schon recht lange zusammen unterwegs und so war es gut, jedem wieder mal seine Freiheit zu geben. Heinz ist am Morgen jeweils bedeutend früher bereit als ich und so musste er jeweils etwas warten. Aber anscheinend war dies nicht zu schlimm ;-). Auch an diesem Morgen war er wieder früher bereit und fuhr schon einmal los. Ich folgte mit grossem Abstand. Die Strasse führte nach Nordosten und ich erhoffte mir deshalb Rückenwind, da hier Westwinde vorherrschen. Am Anfang war davon nicht viel zu spüren, aber im Verlaufe des Tages setzten sie doch noch ein. So wurden es nach einem langen Tag tatsächlich fast 130km bis Kingston. Und siehe da, Heinz war auf dem gleichen Zeltplatz gelandet. Schön war auch noch, dass ich unterwegs von einem älteren Kiwi Paar mit einer Icecream beschenkt wurde. Genau das richtige bei diesen Temperaturen und Vorbildhaft :-).

Am nächsten Tag wiederholte sich das gleiche Spiel. Heinz war wiederum früher unterwegs und ich folgte etwas später. Es war aber eher unwahrscheinlich, dass wir uns wiederum treffen würden, da er den direkten Weg über den Crown Range Pass nehmen wollte. Aber zuerst ging es mal dem Lake Wakatipu entlang; mit wunderbarer Aussicht aber immer mal wieder hoch und runter. Zudem war heute nichts mit Rückenwind. Dafür war es umso wärmer. Ich war schon ziemlich geschlaucht als ich gegen Mittag an der Kreuzung nahe Queenstown ankam. Hier ging es hoch zur Crown Range; ein klares no-go für mich. Ich fuhr deshalb im Tal unten weiter und bestaunte die Bungy Jumper unterwegs. Wäre definitiv nichts für mich. Dass man auch auf der Strasse viel Adrenalin bekommt wurde mir etwas später wieder gezeigt.

Die Strecke hier im Tal war sehr kurvig und eng. Das hindert die Leute aber nicht daran trotzdem schnell zu fahren. Ich war dem entsprechend auf der Hut. Nachdem ich eine dieser engen Kurven fast passiert hatte, hörte ich von hinten ein Lastwagen heran brausen. Ich tat das einzige was ich tun konnte: ganz links fahren (einen Randstreifen hatte es praktisch keinen und danach kam gleich die Felswand). Der Lastwagen verlangsamte vor der Kurve nicht wirklich, sah mich deshalb erst im letzten Moment, wich in den Gegenverkehr aus, hupte heftig und sein Beifahrer zeigte mir auch noch den Mittelfinger. Super! Da überfährt einer fast einen Fahrradfahrer, weil er zu schnell unterwegs war und beleidigt sein Opfer auch noch. Ich bin sonst eigentlich nicht wirklich impulsiv, aber da platzte mir den Kragen und es riss mir ebenfalls den Finger hoch… Dies ist natürlich nicht eine sehr erwachsene Reaktion und auch nicht ungefährlich, da man nie weiss, wie der andere reagiert. Aber es war schlicht zu eng, als dieser überhaupt hätte anhalten können… Auch so waren die restlichen Kilometer des Tages nicht sehr angenehm, da mir der Schrecken doch ziemlich in den Knochen steckte. Dies war wahrscheinlich die gefährlichste Situation meiner bisherigen Reise… Etwas später erreichte ich den Zeltplatz in Cromwell. Von Heinz war nichts zu sehen. Er fuhr wohl tatsächslich über die Crown Range…

Als ich am nächsten Tag erwachte, stürmte es. Ich hatte aber auf dem Camping etwas die Orientierung verloren und wusste nicht recht, ob dies nun Rücken- oder Gegenwind sein würde. Als ich losfuhr war es aber klar: Gegenwind; und dies nicht zu knapp. Die knapp 40 Kilometer am Lake Cromwell entlang waren dann auch ein ziemlicher Kampf. Zum Glück drehte die Strasse danach aber nach Westen und der Wind wurde so etwas angenehmer. Schliesslich erreichte ich den Zeltplatz in Wanaka schon am früheren Nachmittag. Und wer war schon da? Heinz. Er fuhr am Tag zuvor tatsächlich über die Crown Range und gleich weiter bis Wanaka. Und dies bei ziemlich hohen Temperaturen. Nur soviel: Für mich wäre dies definitiv nichts gewesen ;-). Aber er hatte dafür so einen Ruhetag. Für mich sollte es keinen geben…

We(s)t Coast: Wanaka – Haast – Greymouth – Motueka
Eigentlich hatte ich nicht genug Energie um am nächsten Tag gleich weiter zu fahren. Aber am Morgen war klar, dass es Rückenwind geben sollte. Und da dies auf der Strecke Wanaka – Hast eher selten ist, musste ich weiter. Gegenwind wäre noch viel schlimmer… Heinz fuhr wiederum etwas früher los. Ich folgte etwas später. Erst ging es am Lake Hawea entlang. Von Rückenwind war nicht viel zu spüren, dafür hatte es ein paar knackige Steigungen. Aber auch die Landschaft hatte einiges zu bieten. Als ich am Lake Wanaka eintraf, setzte auch der Rückenwind ein. Dies erleichterte die Sache doch merklich. In Makarora stärkte ich mich mit einem Cappuccino und etwas Süssem. Danach ging es weiter Richtung Haast Pass. Nach ein paar eher leichten Steigungen ging es steil aufwärts. Und danach war ich überraschenderweise schon oben. Ich hatte noch ein paar weitere Steigungen erwartet aber so war es mir auch recht. Rasant ging es wieder abwärts. Die Sonne verschwand langsam hinter den Bergen und ich beschloss deshalb auf einem einfachen DOC (Department of Conservation) Zeltplatz mein Nachtlager aufzustellen. Auch an diesem Tag waren es wieder 100km. Mit auf diesem Zeltplatz waren auch zwei französische Radfahrer, die ich unterwegs angetroffen hatten. Wir wurden ans Feuer von zwei älteren Kiwis eingeladen und hatten einen guten Abend, bis uns die Sandflies ins Zelt jagten… Leider waren diese auch am nächsten Morgen noch da und das Zelt wurde dem entsprechend schnell abgebaut, bevor es weiter ging. Ich war von den vorhergehenden Tagen doch ziemlich müde und fuhr deshalb nur 50km bis Haast. Um mich etwas erholen zu können legte ich gleich noch einen Ruhetag ein. Haast eignet sich sehr gut dazu, da es hier nicht viel zu tun gibt…

Danach ging es aber weiter die Westküste hoch. An dieser Küste herrscht Westwind vor, welcher die feuchten Luftmassen der Tasman Sea an die Berge drückt. Deshalb regnet es hier häufig und es bildete sich so etwas wie ein Regenwald. Die Westküste hat deshalb auch den Übernamen Wet coast… Aber von Regen war im Moment nichts zu sehen. Dafür kämpfte ich mit den Hügeln auf der Strecke. In Haast gab es keine essbaren Bananen (waren alle total grün) und die fehlten mir nun klar. Ich kam deshalb an diesem Tag nicht so weit wie gedacht. Aber ich hatte ja Zeit. Am nächsten Mittag erreichte ich den Ort Fox Glacier. Hier wollte ich ursprünglich noch etwas wandern gehen. Da ich aber doch schon einige Gletscher gesehen hatte auf meiner Reise und auch zu Hause in der Schweiz, fuhr ich weiter. Bevor ich mein Tagesziel Franz Josef Glacier erreichte, ging es noch über drei Hügel zwischen denen es jeweils wieder 200 Höhenmeter runter ging. Und dann natürlich auch wieder hoch. Dies ist nicht wirklich motivierend aber mit der richtigen Einstellung geht auch das :-).

Weiter ging es der Westküste entlang Richtung Norden. Die Landschaft war etwas eintönig, aber ich war schon froh, dass es immer noch nicht regnete. Die nächste Nacht verbrachte ich auf dem DOC Zeltplatz am Lake Ianthe Matahi. Dort waren: drei Campervans und ein Zelt. Weiter ging es Richtung Greymouth. Dort wollte Heinz auf mich warten. Und wir fanden uns tatsächlich und fuhren zusammen weiter bis Punakaiki. Die Strasse führte auf dem letzten Stück an der Küste entlang und die Landschaft war wieder um einiges spannender. Wir mussten unzählige Fotostops einlegen…

In Punakaiki campierten wir beim Beach Hostel. Dieses wird von zwei Deutschen und einem Schweizer geführt. Das alleine rechtfertigt eine Übernachtung noch nicht. Sie backen aber auch ihr eigenes Brot und feine Muffins und verkaufen diese zu einem fairen Preis. Wir kauften soviel Brot, dass wir die nächsten Tage unglaublich viel davon essen mussten :-). In Punakaiki traf ich zudem wieder meinen alten Bekannten Jocke „Thomas“ Eriksson (ich war mit ihm auf der Nordinsel unterwegs). Der Finnische Radfahrer ist die obere Hälfte der Südinsel in die umgekehrte Richtung gefahren und war nun auf dem Weg zurück nach Christchurch. Von dort wird er einen Abstecher nach Tonga machen, bevor es für ihn zurück nach Europa geht.

Für Heinz und mich ging es am nächsten Tag weiter. Zuerst nach Westport und danach weiter nach Murchison durch die Buller Schlucht. Die war noch ganz ok. Für den nächsten Tag war Regen angekündigt (der erste Regen seit Wochen für mich) und wir übernachteten deshalb der Einfachheit halber in einer Hütte auf dem Camping. Der Regen wartete aber schön bis wir losfuhren. Zuerst war er nur leicht, legte dann aber einen Zacken zu. Nach knapp 50km waren wir so nass, dass wir nicht einfach am Hu Ha Bikepacker Hostel in Glenhope vorbei fahren konnten. Zudem hatten die Eigner gerade den Ofen eingeheizt. Wir trockneten den Nachmittag lang unsere Kleider und wurden den am Abend von der jungen Deutschen Katja auch noch zum Bier eingeladen. Was will man mehr :-). Herzlichen Dank nochmals!

In der Nacht hörte es auf zu regnen und wir fuhren deshalb weiter. Zudem setzte ein schöner Rückenwind ein. So erreichten wir schon am früheren Nachmittag den gut 94km entfernten Ort Motueka und trafen dort auf eine weiteres bekanntes Gesicht: Biggi. Dies wurde ausgiebig mit einem BBQ gefeiert. Zudem war ich nun seit mehr als einem Jahr mit dem Velo unterwegs. Wie die Zeit vergeht. Hier in Motueka würden sich auch die Wege von Heinz und mir wieder einmal trennen. Er fuhr weiter nach Takaka und ich wollte den Abel Tasman National Park besuchen.

Kajak fahren und wandern: Abel Tasman National Park
Den Abel Tasman National Park hatte ich schon länger auf der Liste. Mein Glück war, dass Biggi ebenfalls in der Region war und noch niemanden zum Kajaken hatte (alleine bekommt man kein Kajak). Und so sollten wir einen Tag mit dem Kajak unterwegs sein und danach zwei Tage zu Fuss. Zwar klappte es am Schluss nicht, dass Biggi und ich in der gleichen Gruppe am Kajaken waren aber es machte auch so sehr Spass. Ich war mit dem Dänen Hans im Boot und der hatte schon viel Erfahrung mit diesem Sportgerät. Und konzentrierte ich mich mehr auf’s Fotografieren; paddelte aber auch immer wieder. Wir waren eh viel schneller als der Rest der Gruppe… Ich wäre gerne noch etwas weiter gepaddelt aber kurz nach Mittag war schon fertig und ich durfte noch etwas auf die Gruppe von Biggi warten. Diese waren einiges später gestartet.

Am nächsten Tag ging es zu Fuss weiter. Ich hatte wiederum das Problem, dass mein Rucksack zu klein war. Dieses Mal musste aber auch noch der Kocher mit. Biggi trug zum Glück das Zelt (Herzlichen Dank!). Der Pfad war doch nicht so flach wie gedacht und auch nicht nur der Küste entlang. Aber man kam immer mal wieder an einer Bucht vorbei oder aber übernachtete an einer. Deshalb gab es jeden Tag mindestens einmal Baden im Meer :-). Auch das Wetter spielte mit.

Am vierten Tag ging es dann wieder mit dem Wassertaxi zurück an den Startpunkt. Die ganze Tour hat Spass gemacht, speziell auch dank den guten Leuten, mit denen ich unterwegs war. Meine Füsse sind aber definitiv mehr vom Velo fahren begeistert als vom Wandern…

Motueka – Nelson – Wellington
In Motueka traf ich dann (den modernen Kommunikationsmitteln sei dank) wieder Heinz. Zusammen fuhren wir nach Nelson, wobei das ein richtiger Geniessertag wurde. Es war für beide von uns der letzte richtige Fahrtag, da er von Nelson den Bus nach Christchurch nehmen und danach nach Hause fliegen würde. Und ich den Bus nach Picton. Aber zum Abschluss hatte er noch den ersten und hoffentlich letzten Platten auf der Reise. Kurz darauf stoppten wir in einem Café und genossen deren Kreationen. Weiter ging es mit der Fähre auf die kleine Rabbit Island und danach zurück auf’s Festland. Aber auch so erreichten wir am späteren Nachmittag Nelson und quartierten uns im Hostel ein. Es war praktisch ausgebucht und so leisteten wir uns mit knapp 80 NZD das teuerste Zimmer seit langem.

Und dann ging es mit dem Bus nach Blenheim, wo Heinz auf einen anderen Bus wechselte. Wir hatten uns in den letzten Tagen und Wochen schon so oft verabschiedet, dass es fast etwas komisch war das nun wieder zu tun. Wobei es dieses Mal endgültig war. Für den Moment jedenfalls ;-).

Mein Bus fuhr weiter nach Picton. Ich wollte die Strecke ursprünglich mit dem Fahrrad fahren. Aber ich fuhr diese schon am Anfang in die umgequerte Richtung. Zudem gab mein Hinterreifen nach mehr als gut 5’000km langsam aber sicher den Geist auf. Schlussendlich genug Gründe um den Bus zu nehmen.. Von Picton ging es dann weiter nach Wellington.

Und hier darf ich mein Velo und ein Teil meines Gepäcks für ein paar Wochen bei Helen, die ich auch schon mehrfach auf dieser Reise traf, einstellen. Denn für die nächsten paar Wochen geht es nach Vanuatu. Ja genau: Vanuatu. Das ist eine Inselgruppe westlich von Fiji. Dort wollte ich schon seit langem mal hin. Wieso? Naja, was wohl. Vulkane natürlich :-). Die erste Woche oder so werde ich aber erstmal mit einem Tauchkurs verbringen. Das Fahrrad nehme ich nicht mit. Nach mehr als 13’000km brauchen wir beide mal eine Pause.

Danach geht es nochmals zurück nach Neuseeland. Es gibt da auf der Nordinsel noch einige Dinge, die ich nicht gesehen habe. Und ja, so zögere ich auch meinen Entscheid, was ich danach mache, noch etwas hinaus :-).

Das wäre es für den Moment. Das nächste Update kommt wohl aus Vanuatu, sofern ich bei 30 Grad Celsius und hoher Luftfeuchtigkeit schreiben kann ;-).

Viele Grüsse aus Wellington,

Stefan

PS: Bilder zu den letzten paar Wochen gibt es etwas später in der Galerie.


Über Stefan

I'm a telecommunication engineer by profession and like to discover the world by bike. I think, that it is the perfect speed to move but still be in touch with the world and the people which live there. And I'm very happy, that my wife Susanna is joining me now on those adventures. If you are interested in other journeys we did so far, please also check my website www.biketravel.net. Stefan, Switzerland

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