Punta Arenas – Rio Grande


Nach erreichen der südlichsten Stadt auf dem Südamerikanischen Kontinent geht es weiter auf der Insel von Feuerland mit dem Ziel Ushuaia. Nachfolgend die einzelnen Etappen jeweils beschrieben von unterwegs.

Punta Arenas – Porvenir – Laguna Maria
[singlepic id=208 w=320 h=240 float=left]Nach dem ich die letzten Einkäufe getätigt habe (Lebensmittel für mehr als eine Woche), geht es mit dem Velo zum Hafen und von dort mit der Fähre über die Maggelanstrasse nach Porvenir. Unterwegs begleiten uns Delphine. Auf der Fähre treffe ich Margrit und Pius, die schon länger unterwegs sind und zusammen in den Ruhestand (AHV) fahren. In Chile begleitet sie Andreas. Zusammen fahren wir nach Ankunft in Porvenir noch etwas weiter bis zur Laguna Maria, wo wir wild zelten.

Laguna Maria – Onaisis
[singlepic id=210 w=320 h=240 float=left]Die anderen sind schneller am Morgen und fahren schon mal los. Eine gute Stunde später mache ich mich auch auf den Weg. Die Gegend hier ist fast menschenleer. Nur alle paar Kilometer hat es ein Eingangstor zu einer Estancia, die aber wiederum ein paar Kilometer weit weg ist. Trinkwasser hat es auch fast keines (ausser bei den Estancias). Nach etwas einsamen 72km erreiche ich die Kreuzung bei Onaisis. Die anderen sind anscheinend noch etwas weiter gefahren, ich stelle aber hier mein Zelt auf. Unsere Wege hätten sich hier aber so oder so getrennt, da sie den „Standardweg“ nehmen und ich quer durch die Pampa fahre. Das Österreichische und das Schweizerische Velofahrerpaar haben mich auf diese Idee gebracht und ich denke es ist ein würdiger Abschluss für meine Reise :-).

Onaisis – California
[singlepic id=211 w=320 h=240 float=left]Gleich neben meinem Zelt stellen Arbeiter ein neues Buswartehäuschen auf (siehe vorhergehendes Bild). Sie arbeiteten an diesem gestern bis fast 23 Uhr (Sonnenuntergang) und arbeiten um 6 Uhr schon wieder daran! Und dies untermalt mit einem Gettoblaster. Ich habe es aber nicht so eilig und lege mich nochmals schlafen. Um 9 Uhr stehe ich dann auch auf und koche das erste Mal Porridge. Er gelingt mir aber nicht so recht, da ich ihn zu wenig lang koche und zu viel Milchpulver reinkippe… Ich trödle heute sehr stark, da ich hoffe, dass mich die Österreicher/Schweizer einhole. Bin nicht sehr motiviert so alleine durch das Niemandsland zu fahren…
Nach 11 Uhr mache ich mich doch noch auf den Weg, wieder mal gegen den Wind. Nach knappen 4km halte ich in Onaisis an und frage beim einzigen bewohnten Haus nach Wasser. Der alte, fast zahnlose Bewohner lässt mich herein und zeigt mir den Wasserhahnen. Aber hier ist es natürlich nicht möglich nur schnell Wasser zu holen. Er bietet mir auch noch gleich ein Mittagessen an, das ich aber dankend ablehne, da ich gerade erst gegessen habe. Aber mindestens einen Kaffee muss ich schon nehmen. Ein gutes Gesprächsthema ist natürlich immer das Wetter und so sage ich, dass es heute etwas windig sei. Er meint dazu nur, dass dies nur „ein wenig“ Wind sei. Ich entgegne, dass dieser aber trotztem mühsam zum Velofahren sei…
Danach geht es weiter der Küste entlang. Zuerst mit Seitenwind und danach mit Gegenwind. Man kann immer noch fahren, aber lästig ist es allemal. Ansonsten habe ich Glück und die Sonne scheint auf die sehr schöne Landschaft. Ich beeile mich nicht wirklich damit eben die anderen… Dem entsprechend stelle ich das Zelt gut sichtbar am Strassenrand über dem Meer auf. Bis jetzt haben sie mich nicht eingeholt…

California – Rio Grande (CL)
[singlepic id=214 w=320 h=240 float=left]Mein Trödeln geht weiter. Nachdem ich das zweite Mal Porridge gekocht (diesmal war er besser) und das Zelt zusammengeräumt habe, fahre ich gerade mal 10km bis zur Kreuzung bei Cameron. Dort hat es zu meiner Überraschung einen Mobilfunkmasten und ich schreibe einen kurzen Artikel für den Blog. Nach dem Mittagessen geht es weiter, nun aufwärts und theoretisch mit Rückenwind. Von Wind ist ist heute aber nichts zu sehen. Genausowenig wie von den anderen. Ich halte deshalb ein vorbeifahrendes Auto an und frage, ob sie hinter mir andere Velofahrerer gesehen hätten. Sie verneinen dies. Leider. Und so beschliesse ich mit dem Trödeln aufzuhören und möglichst schnell vorwärts zu machen.
Dem möglichst schnell vorwärts kommt aber zunächst noch eine Guanaco Familie in die Quere. Sie rennen, wie gewohnt, erschreckt vor mir davon über die Weidezäune am Strassenrand. Nur das kleinste getraut sich nicht darüber zu springen und rennt anstelle davon vor mir her. Da ich es aber nicht die nächsten 10km vor mir hertreiben will, halte ich an, steige auf der gegenüberliegenden Strassenseite über den Zaun, mache einen grossen Bogen in der Pampa und treibe das Tier so schlussendlich wieder zurück, sprich hinter mich und mein Velo. Ein paar km später zeigt sich am Strassenrand, dass das Tier durchaus Grund hatte nicht zu springen: über dem Zaun (der zuoberst Stacheldraht hat) hängt das Skelett eines Guanacos…
Ich fahre weiter und gegen Abend kommt mir doch noch der erhoffte Rückenwind zu Hilfe. Nach etwas mehr als 70km erreiche ich Rio Grande (CL). Und zu meinem Glück wird die Estancia und die dazugehörige Fishinglodge gerade runderneuert und ich darf in einem der zur Estancia gehörenden Häuschen übernachten (warme Dusche inklusive!). Was für eine Wohltat! Zudem wird mir Suppe (mit Fleisch) offeriert. Nach dem zweiten Teller habe ich aber immer noch Hunger, frage aber nicht nach einem dritten, da mir dies etwas frech scheint. Deshalb koche ich in meinem Häuschen doch noch etwas. Es ist unglaublich wieviel ich hier essen (muss)…

Rio Grande (CL) – Radman (Grenze)
[singlepic id=217 w=320 h=240 float=left]Nach dem dritten Mal Porridge kochen (er wird langsam aber sicher gut 😉 ), packe ich meine Sachen zusammen. Vor dem Haus spricht mich der amerikanische Besitzer (?) der Lodge an. Er kennt den Konstrukteur meines Bob-Anhängers und hat einen Teil der Carretera Austral auch schon zweimal mit dem Velo gemacht. Er bestätigt mir, dass es möglich ist die Grenze in Radman offiziell zu überqueren. Es gebe da nur ein kleines Problem: Einen hüfttiefen Fluss. Und dieser habe keine Brücke. Davon habe ich bis jetzt nichts gewusst. Aber die Alternative wäre um zu kehren und das kommt auch nicht in Frage. Mit einem etwas mulmigen Gefühl mache ich mich auf den Weg, den er mir auch beschreibt: Bei der Polizeikontrolle in Guanaco Pampa links und dann nochmals links. Und dem ist auch so.
Nach gut 30km erreiche ich die Chilenische Grenzkontrolle und erledige die Formalitäten. Soviele scheinen hier nicht durchzukommen… Jedenfalls finden die Formalitäten mehr oder weniger im Wohnzimmer des Beamten statt. Bis jetzt ist vom Fluss nichts zu sehen. Ich fahre weiter und da ist er, der Fluss. Und er ist breit (10-15m) und knapp Hüfttief. Durchfahren unmöglich. Er ist wahrscheinlich im Moment speziell tief, da es anscheinend die letzten zwei Wochen in dieser Region geregnet hat…
Ich gehe dem Fluss entlang und suche eine gute Stelle für eine Querung zu Fuss. Eine wirklich gute Stelle gibt es aber nicht. Zudem ist es kalt (etwa 6C) und es windet. Nicht wirklich gute Bedingungen um in Badehosen mehrfach durch einen eiskalten Fluss zu waten… Da aber weit und breit niemand zu sehen ist, wäre die einzige Alternative wieder umzukehren. Das will ich aber auch nicht. Und so beginne ich mein Velo zu entladen. In diesem Moment macht sich ein plötzlich aufgetauchtes SUV an der anderen Flussseite daran den Fluss zu kehren. Ich belade mein Velo sofort wieder und mache mich auf den Weg in Richtung dieses Fahrzeuges. Dieses ist in der Zwischenzeit in der Mitte stecken geblieben… Ihr Pech ist aber mein Glück, denn nun taucht ein Fahrzeug der Argentischen Grenzwache auf, um das Auto wieder aus dem Fluss zu ziehen. Kaum sind beide auf meiner Seite des Flusses angekommen, frage ich den argentinischen Zöllner, ob er mich und mein Velo auf die andere Seite transportieren könnte, was er, zu meiner grossen Erleichterung, bejaht. Zuerst muss er aber das SUV etwas den Hang hinauf ziehen, damit es schräg steht. Unzählige Liter Wasser ergiessen sich aus der Auspuffanlage… Danach transportiert er mich auf die andere Flussseite. Geschafft!
Nach den Zollformalitäten will ich eigentlich weiterfahren. Ich bin aber immer noch durchfroren und zudem hat es in der Zwischenzeit zu regnen begonnen. Zuerst warte ich etwas im Zollhaus. Nach fast einer Stunde regnet es noch immer und es wird auch langsam aber sicher Abend. Der eine Zöllner fragt mich, ob ich hier campieren wolle und zeigt mir einen Platz. Zuerst freue ich mich sehr, bis ich realisiere, dass dieser genau neben dem Auspuff des lokalen Generators liegt! Ich frage nach einem anderen Platz und bekomme einen hinter den Gebäuden zugewiesen. Es regnet und windet noch immer und ist kalt. Aber wenigstens kann ich in meinem in der Zwischenzeit aufgestellten Zelt mein Mittagessen am früheren Abend essen. Im Zollhaus war dies nicht möglich, da es dort eine grosse Tafel hat, was man alles nicht einführen darf. Und darauf stand so ziemlich mein Mittagessen :-). Danach lege ich mich etwas hin.
Ein paar Stunden später, es regnet noch immer, überlege ich hin und her, ob ich noch was kochen soll. Schliesslich entscheide ich mich dafür, obwohl ich wieder in den Regen raus und in die Nähe des Generators muss und die „Küche“ „nur“ aus einem einfachen Schopf besteht. Aber immerhin ist es mehr oder weniger trocken dort. Es gibt ein fertig Tomaten-Risotto mit ein paar zusätzlichen und natürlich auch illegalen getrockneten Tomaten. Die ebenfalls illegale Gurke lasse ich weg :-). Ein paar der Zöllner schauen kurz vorbei, da sie einen Topf aus dem Gebäude brauchen. Ich hoffte schon, dass sie mich noch auf einen Kaffee oder so in die warme Stube einladen würden, aber dies ist leider nicht der Fall. Ich überlege mir, ob ich mich darüber aufregen soll oder ob ich dankbar sein soll, dass ich wenigstens hier zelten darf und einen Platz zum Kochen habe. Dabei geht mir durch den Kopf, wie das wohl an der Schweizer Grenze aussehen würde und entscheide mich für die Dankbarkeit. Aber es fällt mir schwer…

Radman (Grenze) – Rio Grande (AR)
[singlepic id=206 w=320 h=240 float=left]Es hat die ganze Nacht mehr oder weniger durchgeregnet. Am Morgen hört der Regen dann aber mehr oder weniger auf und ich packe mein Zelt zusammen. Zudem hat auch der Wind etwas gedreht. Gestern kam er aus Osten (!) und ich hatte somit Gegenwind. Heute kommt er wieder wie gewohnt aus Westen und ich habe mehr oder weniger Rückenwind. Aber auch der Zöllner kann sich es nicht verkneifen mir zu sagen, dass dies nur „wenig“ Wind sei… Ich glaube es ja, aber dies als Gegenwind ist immer noch mühsam!! Aber für den grössten Teil der Strecke bis an die Küste habe ich ja Rückenwind :-). Dafür ist die Schotterpiste durch den Dauerregen stark aufgeweicht und es hat ziemlich lange Wellblechstücke. Aber man kann nicht alles haben. Auf einem Teilstück habe ich wieder Seiten- und Gegenwind. Fahren ist hier nicht mehr möglich und ich muss schieben, bis die Piste wieder die Richtung wechselt.
Auf der ganzen Strecke gibt es keinen Windschutz und ich kann deshalb nicht wirklich anhalten, um etwas zu essen. Nach fast 70km erreiche ich die asphaltierte Nationalstrasse 3. Der Weg ins 13km entfernte Rio Grande dreht wieder auf Norden und ich bekomme die volle Breitseite des Windes zu spüren. Er ist so stark, dass an Fahren nicht mehr zu denken ist und auch schieben ist sehr schwierig. Einige Male reisst es mir das Velo buchstäblich aus den Händen und ich überlege mir, ob ich ein Auto anhalten soll. Da die Strasse aber nach gut 5km wieder nach Osten dreht, entscheide ich durch zu beissen und zu schieben. Kurz vor erreichen dieser Kurve hält dann ein Lieferwagen neben mir an und offeriert mir mich mitzunehmen. Aber nachdem ich schon die Arbeit hatte, will ich auch den Lohn, sprich mit Rückenwind in Rio Grande einfahren und lehne dankend ab. Der Rückenwind kommt dann auch tatsächlich und ist so stark, dass ich fast nicht anhalten kann um ein Foto zu machen. Glücklich aber müde und hungrig (seit dem Morgenessen gab es nur zwei Getreideriegel und Wasser) erreiche ich schliesslich Rio Grande. Und ich frage mich ernsthaft, ob ich mir solchen Wind noch für 200+km antun soll…

Viele Grüsse aus Rio Grande,
Stefan

PS: Gemäss weather.com erreichte der Wind an diesem Tag 50+km/h und in Böen sogar 70+km/h. Das tönt vielleicht nicht nach extrem viel aber ich kann Euch sagen, Velo fahren macht dann absolut keinen Spass mehr, wenn man überhaupt noch von „fahren“ sprechen kann…
Leider sind die Wetter- und speziell Windaussichten für die nächsten Tage nicht wirklich besser. Heute Montag wäre der Wind nur 20+km/h gewesen. Ich brauchte aber diesen Erholungstag dringend. Ab Morgen Dienstag gibt es dann wieder 40+km/h und es wird wahrscheinlich erst Ende Woche/Anfangs nächste Woche etwas besser… Eigentlich möchte ich gerne die letzten 200+km bis Ushuaia mit dem Velo zurück legen. Aber nicht um jeden Preis. Ihr könnt mich gerne Warmduscher nennen, aber so etwas wie gestern tue ich mir nicht für 200km an ;-). Mol luege was der Dienstag bringt.

PS: PS: Einige weitere Bilder dieses Teilstückes und auch von vorher findet Ihr in der Bildergallerie.


Über Stefan

I'm a telecommunication engineer by profession and like to discover the world by bike. I think, that it is the perfect speed to move but still be in touch with the world and the people which live there. And I'm very happy, that my wife Susanna is joining me now on those adventures. If you are interested in other journeys we did so far, please also check my website www.biketravel.net. Stefan, Switzerland

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10 Gedanken zu “Punta Arenas – Rio Grande

  • Papi

    Schade, dass man diese kräftigen Winde nicht mit einem Mini-Windgenerator in Strom umwandeln kann, um damit einen kleinen Reiseföhn zu betreiben, mit dem man die Kleider und das Zelt aufwärmen kann..

    Papi

  • Stefan Kuettel Autor des Beitrags

    Erstaunlicherweise habe ich bis jetzt nur gerade in Coihaique ein paar grössere Windturbinen gesehen. Wieso es hier nicht mehr davon hat ist mir nicht klar. Vielleicht gibt es schlicht kein Förderprogramm und es ist einfacher einen Dieselgenerator hinzustellen…

  • Mäsi

    Hoi!
    Warmduscher wird dich sicherlich keiner nennen! Wenn du mich fragst, hast du es mehr als verdient den Bus nach Ushuaia zu nehmen! Kannst ja ein paar Kilometer vorher aussteigen, damit du offiziell mit dem Velo in Ushuaia einfährst….

    Liebe Grüsse und guten Mut, bald ists vorbei und alles wird sich in wunderbare Erinnerungen umwandeln!

    Mäsi

  • Stefan Kuettel Autor des Beitrags

    Merci! Und wenn schon kann ich sehr gut damit leben :-). Wenn es nicht gerade Katzen hagelt oder ich wegen dem Wind nicht mal aus Rio Grande rauskomme, dann habe ich vor am Dienstag los zu fahren. Der Rest wird sich dann zeigen. Ich habe ja noch etwas Zeit :-).

    Steff

  • marco

    hola, hola,

    die letzten 200km machst du doch mit links… und sonst halt 150km mit dem bus und die letzten 50km mit dem velo. ist ja schon riisig, was du alles erlebst. gute fahrt und en fasnachtsgruess
    chrönu

  • Tremp Bernhard

    salut steff

    Bald hast dus geschafft. Chapeaux !!! Wenn ich richtig gelesen habe, gibt es im Moment drei Tätigkeiten. Schlafen, Essen oder Velofahren. Richtig so; ( mann ) muss sich auf das Wesentliche konzentrieren.

    Viel Glück

    Gruss Bernhard

  • Stefan Kuettel Autor des Beitrags

    Internet hast Du noch vergessen ;-).
    Natürlich gibt es auch noch anderes wie Leute kennenlernen, einkaufen, kochen, Velo überprüfen etc.

    En Gruess,
    Steff

    PS: Wenn Du mir noch Deine momentane Adresse angibst, dann bekommst Du natürlich auch noch eine Karte ;-).